ANSGAR SKIBA - BEWEGUNG ALS NATURPRINZIP
Seit rund zwei Jahrzehnten beschäftigt sich Ansgar Skiba mit dem Thema Landschaft. Er gehört zu den wenigen Künstlern, die sich, um zu arbeiten, in die Natur begeben und die direkte sinnliche Erfahrung des Landschaftsraumes suchen. Er wählt dafür Orte, die von Menschenhand weitgehend unberührt geblieben sind. Das können die heimischen Rheinauen sein oder die deutsche Nordseeküste, aber auch weitentlegenere Gefilde wie Island oder die Fjorde Norwegens. Immer schon war die Natur für Ansgar Skiba ein Zufluchtsort, ein Ort der Versenkung und Selbstfindung, ein Versuch einer heilsamen Berührung mit der Welt. Das ist bis heute so geblieben, und so erstaunt es nicht, dass seine Zeichnungen, die er auf seinen einsamen Exkursionen mit Tusche oder Silberstift anfertigt, wenig mit einem klassischen Landschaftsportrait zu tun haben, sondern vielmehr mit der eigenen Begegnung mit der Naturlandschaft, mit der Suche nach der in ihr verborgenen Essenz und der Erkundung ihrer Wirkung auf das eigene Befinden. Das ist auch einer der Gründe, warum Ansgar Skiba immer wieder ein und dieselbe Landschaft in Variationen zeichnet oder wie in seinen Nachtstücken zu kosmischen Formulierungen gelangt.
Bei Ansgar Skiba ist der Strich nicht allein dem Motiv verbunden, sondern auch energetisch aufgeladen. Der Rhythmus, mit dem sich Stift und Feder über das Blatt bewegen, hat seinen Ursprung im Erregungszustand des Zeichners, der sich dabei dem Naturraum, mit all seinen darin wirkenden Elementen und Kräften wie Erde, Wasser, Luft, Sonne und Wind aussetzt. Aber gleichzeitig ist der Rhythmus auch gestalterische Absicht, ein modus operandi, durch den sich Ansgar Skiba das Phänomen Landschaft anverwandelt und neu schöpft. Linien und Punkte sind Spuren dieses Vorgangs. Sie formen sich zur Illusion eines Landschaftsraumes, behaupten sich aber gleichwertig als abstraktes graphisches Gebilde auf der Fläche.
Die Zeichnungen verstehen sich als autonome Kunstwerke, fungieren nicht als Skizzen für die Gemälde. Die Motive sind verwandt, aber Ansgar Skiba malt seine Landschaften in Öl aus dem Gedächtnis, lässt sich dabei allerdings vom Rhythmus der Zeichnung leiten. Was entsteht, sind weite lichtdurchflutete Panoramen von strahlender Farbigkeit, sanfte, meditative Seestücke, aber auch Urlandschaften mit schroffen Felsen, tosender Brandung und gefährlich glühenden Lavaströmen. Menschliches und Zivilisatorisches sind ausgeblendet, offensichtlich geht es hier um die Darstellung eines überzeitlichen Zustandes, der Vorstellung einer alles überdauernden und in sich aufnehmenden Naturzeit wie sie die Romantik entwarf.
Augenfällig ist die mit den Händen dick auf die Leinwand aufgetragene Farbmasse, die im Detail betrachtet aus filigran ineinander verflochtenen Farbsträngen erwächst und alles wie im farbigen Fluss erscheinen lässt. So entsteht eine reliefartige Struktur auf der Oberfläche, in der kraftvolle Bewegungen, analog zu den in der Natur wirkenden elementaren Dynamiken, als Ausdruck von Leben eingeschrieben sind. Je nach Lichteinfall beginnen die Farben intensiv zu flirren, scheinen fast immateriell zu schweben und das Motiv zu verunklären. Aber das farbige Relief bietet dem Licht vor allem auch eine plastische Angriffsfläche, sodass im Schattenspiel der Rhythmus des Farbauftrags sichtbar wird, der sich als abstrakte graphische Schicht über die illusionistische Malerei legt und diese bricht. Wie die Zeichnung vexiert das Gemälde konstant zwischen Abbild und Abstraktion und verweist damit darauf, dass es sich bei einem Bild eben nicht einfach nur um ein reines naturalistisches Abbild handelt, sondern immer um eine gestaltete Idee.
Besonders anschaulich wird das in den Wellenbildern, bei denen Ansgar Skiba die Kraft und Schönheit des Elements Wasser zelebriert. Die Fernsicht der Landschaften ist hier zugunsten eines intimen Zooms auf das Detail aufgegeben. Die pastos aufgetragenen Blautöne vollziehen als Farbfluss die Bewegung des Wassers auch plastisch mit, legen sich gleichsam in Strudel, lösen sich in körperlose Gischt auf und türmen sich zu einer überlebensgroßen Welle auf.
Die Spannung ist maximal gesteigert, der Höhepunkt ist zugleich Umschlagspunkt, man ahnt die Macht, mit der die Welle niedergehen wird. In der Nahsicht gerät die Ganzheit des Dargestellten aus dem Auge, das Detail löst sich ins Abstrakte. Der Blick pendelt ständig zwischen der illusionistischen Darstellung und der haptisch erfahrbaren Dinglichkeit des Bildes, die durch Kraftlinien und Rhythmus zur untrennbaren Einheit des Kunstwerks verschmolzen sind.