Erzählungen vom Menschen - Wilhelm Thielmann zum 90. Todestag am 19.11.1924
4. Oktober bis 23. November 2014
Die Ausstellung in der Kunsthalle Willingshausen widmet sich vor allem den Portraits und Genredarstellungen Wilhelm Thielmanns, die sich durch ein besonderes Einfühlungsvermögen in das Wesen und den Charakter der dargestellten Menschen auszeichnen.
Der 1868 in Herborn geborene Künstler war der einzige aus der Riege der zahlreichen Maler, die seit den 1840er Jahren den kleinen Ort in der Schwalm besuchten, der sich dauerhaft hier niederlies. 1903 gab er seine Stelle als Zeichenlehrer an der Kasseler Kunstgewerbeschule auf und wohnte zunächst im Gasthaus Haase bevor er seine Atelierwohnung in Willingshausen bezog.
Thielmanns großes Interesse an Menschen manifestiert sich bereits in seiner viel geschilderten Offenheit und seinem Humor: schon in der Kasseler Künstlerrunde „Pvunzel“ verbrachte er gesellige Abende und karikierte seine „Pvunzelbrüder“, indem er ihre spezifischen Eigenschaften betont herausarbeitete.
Als er 1897 erstmals nach Willingshausen kam, traf er dort auf eine enge Gemeinschaft zwischen den Künstlern, die sich nach getaner Arbeit im Malerstübchen versammelten, gesellig beisammen saßen, musizierten und über Kunst diskutierten. Die besondere Verbundenheit und das Miteinander unter den Willingshäuser Künstlern ist in deren zahlreichen Briefen eindrücklich dokumentiert. Und so fügte sich auch Thielmann rasch in die Gruppe ein. Sicher trug dieses Gemeinschaftsgefühl für den Künstler zur Attraktivität des Ortes bei. Vor allem waren es aber die Dorfbewohner, die ihn mit ihren Trachten, ihren Traditionen und ihrer bäuerlichen Kultur faszinierten und dazu bewogen seinen Wohnsitz hierher zu verlagern.
Thielmanns Entschluss nach Willingshausen zu ziehen war riskant: er hatte keine finanziellen Rücklagen und musste darauf vertrauen, von seiner Kunst zu leben. Diese Einschätzung erwies sich jedoch als richtig und dank der Verkäufe seiner Radierungen und zahlreicher Portraitaufträge verfügte er rasch über ein ausreichendes Einkommen. Die Portraits waren für ihn jedoch nicht nur eine lukrative Einnahmequelle; er verfolgte auch in den Auftragsarbeiten seine künstlerische Auffassung und stellte die Modelle realistisch und mit einem besonderen Blick für deren Charakteristiken dar. Dies findet sich auch in den zahlreichen Portraits seiner Freunde, Familie und Künstlerkollegen wieder, die nicht nur die Dargestellten einfühlsam wiedergeben, sondern auch Rückschlüsse auf Thielmanns inniges Verhältnis zu ihnen zulassen. Einen besonderen Platz nehmen die Portraitzeichnungen seiner Willingshäuser Künstlerkollegen und die von Agnes Waldhausen, die eine Art Muse für ihn war ein.
„Als Zeichner wurde Thielmann auf Grund seiner präzisen Beobachtungsgabe und seiner lebendigen Strichführung mit keinem Geringeren als Adolph Menzel verglichen.“
Friedrich Piesk: Wilhelm Thielmann (1868-1924),1997, S. 10
Auch in seinen Genreszenen, in denen er das Schwälmer Landleben eindrücklich schildert, wird das spezifische Interesse an den Menschen, ihrem Charakter und ihren Empfindungen deutlich. Besonders die Darstellungen von Trauerszenen legen Zeugnis über das Einfühlungsvermögen des Künstlers ab, was sicher auch dadurch bedingt wurde, dass Thielmann mit den Menschen im Dorf lebte und sie gut kannte. Er war mit dem Leben auf dem Land vollkommen vertraut und konnte es deshalb in ungeschönter Weise schildern ohne dabei einen objektiven oder distanzierten Blick zu entwickeln.
„So treu kann nur ein Künstler Menschen schildern, wenn er sein Leben ganz mit ihnen teilt“
Carl Bantzer über Wilhelm Thielmann
In der Ausstellung werden neben einigen wichtigen Ölgemälden vor allem Zeichnungen, Aquarelle und Grafiken gezeigt, die Wilhelm Thielmanns Fähigkeit verdeutlichen „Erzählungen vom Menschen“ auf die Leinwand zu bannen. Darunter sind einige erstmals öffentlich gezeigte Werke aus seinem Nachlass zu sehen.
Zur Eröffnung der Ausstellung am 4. Oktober 2014 um 16 Uhr laden wir herzlich ein!